Dokumentenmanagement – ist ein alter Hut!

Dokumentenmanagement ist ein alter Hut!

Um dies gleich vorneweg festzuhalten: wir haben nichts gegen alte Hüte!

Alte Hüte schützen vor Regen, Schnee, Kälte und können durchaus eine Zier für den Träger sein. Ein alter Hut ist also auch Geschmacksache. Alte Hüte haben Charme und eine gewisse Erprobtheit.

Und an dieser Stelle sind wir genau da, wo wir eben auch ehrlich anschauen, was alte Hüte nicht können oder haben:

Sie lassen sich nicht einfach aufpimpen. Nicht mit neuen Features bestücken. Stellt euch einfach vor, so ein klassischer Bowler, die gute alte Melone, bekommt ein knallig buntes Band drum rum.

Ist nicht mehr das Gleiche und verliert außer der Grundfunktion des Schutzes vor Regen und Schnee alle weiteren Funktionen.

Die Autorität des Hutträgers wird sicherlich ebenso leiden wie auch die Attraktivität und der Charme.

Komisch – und das, obwohl die Grundfunktion erhalten bleibt.

Und wenn der Hutträger mit aufgepimpter Kopfbedeckung von seiner Umwelt enttäuscht wird, weil er nicht mehr so geachtet wird, wie er sich dies vorstellt, folgt die Weisheit also einmal mehr der Enttäuschung. So hoffen wir zumindest!

Wie ist das nun mit dem Dokumentenmanagement? Was ist denn Dokumentenmanagement?

Also: Dokumente sind zusammengefasst alle Papierstücke, die Inhalte tragen.

Das können kaufmännische Belege ebenso sein wie technische Zeichnungen, Bilder oder auch Auswertungen, Listen und lebende Dokumente, in denen sich immer wieder etwas ändert.

Und Managen ist nichts anderes, als diesen ganzen Dokumenten mit ihren unterschiedlichen Arten und Beschaffenheiten eine Struktur und eine Ordnung zu geben.

Früher?

Gehen wir einige Jahre zurück, haben wir Karteikarten für Kunden, Lieferanten und Artikel in Karteikästen alphabetisch geführt. Wir haben Listen wie Rechnungsausgangsbücher handschriftlich geführt und hatten Lochkarten-Terminals, die unser Kommen und Gehen eingestanzt haben.

Fortlaufende Belege haben wir getackert, gelocht und nach Nummer in Ordnern abgelegt. Dies haben wir häufig mehrfach getan – oder wer kennt das nicht:

„Die erste Kopie ist für die Buchhaltung, die zweite kommt zum Kundenprojekt und die dritte nehmen wir für die Intrastat-Auswertung.“ – so oder so ähnlich war jahrzehntelang das übliche Vorgehen alleine für kaufmännische Belege.

Und ja, es handelte sich zweifellos um Dokumente und die Ablage war strukturiert und geordnet. Also war es tatsächlich Dokumentenmanagement, das da stattfand.

Früher oder auch noch heute?

Auch der berühmt berüchtigte Schuhkarton, der monatlich oder jährlich zum Steuerberater wandert, ist eine Form des Dokumentenmanagements. Es erfolgt die „strukturierte“ Sammlung in Form von „pro Monat ein Karton“ und die Ordnung erfolgt im Nachgang ausgelagert durch den Steuerberater oder Buchhaltungsservice, der die Belege dann verbucht und im Papierordner geordnet mit einem Monat Versatz zusammen mit den Offenen-Posten-Listen und der kurzfristigen Erfolgsrechnung wieder zurück zum Absender wandern. Somit ist Management an sich noch kein Qualitätsmerkmal – by the way: das gilt nicht nur bei Dokumenten.

Und frei nach Watzlawik gilt auch hier: Man kann Dokumenten nicht nicht managen.

Eh da!

Wenn wir also über Dokumentenmanagement reden, ist das ebenso, als würden wir über etwas reden, was „eh da“ ist. Umgangssprachlich wird unter Dokumentenmanagement selbstverständlich eher die digitalisierte Ordnung von Dokumenten gemeint. Und es ist häufig der Fall, dass die Ablage im Datei-Ordner, also im Windows-Explorer, bereits als Dokumentenmanagement tituliert wird. Ebenso die elektronische Archivierung von eMails. Dies sind beides lediglich Kopien der Papierablage in digitaler Form. Nur weil etwas digital anstatt auf Papier abgelegt ist, hilft dies noch nicht wirklich viel. Gut, anstatt zu blättern wird dann gescrollt.

Heute! Was ist der Unterschied?

Ist also nun die große Frage, was macht das digitale Dokumentenmanagement zu dem, was wir uns gemeinhin darunter vorstellen?

Es ist eindeutig die Mehrdimensionalität!

Wenn wir ein Papier ablegen, müssen wir immer vor der Ablage entscheiden, ob wir das Dokument nach Nummer, nach Datum, nach Projekt oder Kunde oder was auch immer ablegen wollen.

Wenn wir eine spätere Suche nach mehreren dieser Ordnungskriterien vermuten oder gar befürchten, werden wir dies nur über Kopien hinbekommen.

Das „ECHTE“ digitale Dokumentenmanagement!

Anders bei einem „echten“ digitalen Dokumentenmanagement: eine Datenbank legt die einmal definierten Ordnungsbegriffe alle für ein einziges Dokument an – oder eben alle, die relevant sind.

Indexbegriffe + Volltext-Suche

Das heißt, dass bei der Ablage die spätere Suche noch nicht bekannt sein muss. Zusätzlich können die „richtigen“ Dokumentenmanagementsysteme zum Einen die Indexbegriffe automatisch auf vielfältige Art und Weise hinterlegen und sicher auch eine Volltext-Suche bereitstellen, wenn OCR-fähige Dokumente abgelegt wurden.

Sicherheit der Zugriffe

Eine weitere Abgrenzung zu Schein-DMS ist die Sicherheit der Zugriffe. Egal von wo aus ein Beleg abgerufen wird, greift im Optimalfall immer die einmal hinterlegte Berechtigungsstruktur. Auch das ist etwas was in Dateisystemen praktisch nicht abbildbar ist – und natürlich schon gar nicht in Papierordnern. Stellen wir uns einfach mal vor, wir dürfen nur einige Dokumente des Ordners sehen – schwierig, die anderen Dokumente vor unserem Blick zu schützen.

Aufbewahrungspflicht + Löschpflicht

Nun werfen wir zusätzlich auch noch die Aufbewahrungspflicht sowie die Löschpflicht in den Ring: Die meisten handelsrechtlichen Aufzeichnungen müssen 10 Jahre archiviert und wieder reproduzierbar gehalten werden, Personalunterlagen sogar 30 Jahre.

Dagegen gibt es eine Löschpflicht für Bewerbungsunterlagen und aus dem Datenschutzgesetz auch die Löschung der personenbezogenen Daten, die nicht steuerlich relevant sind – darunter können wir uns beispielsweise ein Angebot, das nicht zum Auftrag wurde, vorstellen.

Aus der Erfahrung wissen wir alle, dass Papierordner einfach jahresbezogen in den Keller gestellt werden und nach 10 Jahren komplett entsorgt werden – gehen wir noch davon aus, dass die Personalordner separat gehalten werden.

Und sonst noch?

Vom notwendigen Lagerplatz ganz abgesehen ist es jedes Jahr ein Aufwand, die alten Ordner zu entsorgen und dabei auch dem Datenschutz mit entsprechend professioneller Vernichtung nachzukommen. Der Schutz der Papierordner über den Aufbewahrungszeitraum hin ist ein weiterer Faktor: Wer schon einmal einen Wasserschaden im Archiv hatte weiß, dass Schmerz tatsächlich ein guter Lehrmeister ist. Der Versuch, einmal durchnässtes und wieder getrocknetes Papier zu Scannen, gleicht einer Sisyphus-Arbeit, die niemandem zu wünschen ist.

So viel zur Archivierung und derer Tücken. In unseren Augen ist alles, was endgültig archiviert wird, erledigt. Es wird aus Gründen der oben genannten Aufbewahrungspflicht sowie zu Recherchezwecken genutzt. Im operativen Alltagsgeschäft spielen die Dokumente in der Regel keine Rolle mehr.

Aktive Dokumente! Wie bitte?

Gehen wir nun einen Schritt weiter – zum aktiven Management der Dokumente. Dazu zählen wir jedes weitere Ansehen oder Bearbeiten der bereits im Archiv befindlichen Dokumente.

Und hier bekommt der Begriff „Archiv“ eine doppelte Bedeutung:

Zum Einen ist das Archiv der Endablageplatz und zum Anderen – und darauf wollen wir hier hinaus – ist es der gemeinsame Dokumentenpool, in dem jede Person, die berechtigt ist das Dokument zu sehen, sofort und wenn es sein muss auch gleichzeitig Zugriff hat.

Somit propagieren wir absolut das frühe Archivieren. Im Gegensatz dazu haben wir die Baskets oder Briefkörbe – analog zu den Schalen auf den Schreibtischen für das Papier – auf die eben nur eine Person oder maximal eine kleine Personengruppe Zugriff hat.

Im Briefkorb hat ein Dokument noch keine Indexbegriffe – jedenfalls keine, nach denen bereits gesucht werden kann.

Erst wenn das Dokument im großen Pool angekommen ist, stehen viele weitere Möglichkeiten zur Verfügung. Und hier endet unserer Meinung nach das klassische Dokumentenmanagement!

Und es geht noch mehr!

Hier beginnt vielleicht das Workflow-Management (WFM) oder das Business Process Management (BPM) oder das Enterprise Content Management (ECM).

Diese Begriffe sind weder geschützt noch eindeutig.

Daher möchten wir unsere Definition dazu kund tun:

WFM

Workflows sind grundsätzlich Aufgaben, die innerhalb eines Ablaufs an (verschiedene) Personen vergeben und entsprechend rückgemeldet werden.

Ein Dokumenttyp triggert einen Workflow an und durchläuft verschiedene Entscheidungen, klassische Freigaben.

BPM

Business Processe enthalten nach unserer Definition meist auch die Verknüpfung unterschiedlicher Systeme, die ihren Beitrag zum Workflow liefern. Außerdem sorgt das Business Process Management zusätzlich für die entsprechenden Eskalationsstufen und fängt damit mögliche Fehler ab. Somit sorgt das BPM für die Prozess- anstatt die Einzelkontrolle.

Und ja, einige Workflows tun dies zum Glück auch – der Übergang ist sicherlich fließend – hauptsächlich kann ein Workflow alleine für sich stehen und wird dann in das große ganze, also das Business Process Management eingebunden werden. Die Eskalationen sind dann zusätzlich Teil des Internen Kontroll-Systems, dem IKS.

ECM

Eine eigene Definition enthält nun noch das Enterprise Content Management: Unserer Ansicht nach ist dies der Ausbau eines klassischen DMS zu einem WFM mit der soliden DMS-Basis im Hintergrund und mit möglichen Ausbaustufen, die Daten passend verfügbar machen.

Wie der Name schon sagt, geht es im ECM um die Inhalte. Und wie wir am Anfang in der Definition von Dokumenten beschrieben haben, enthalten Dokumente eben Inhalte.

Zusätzlich enthalten eben auch Indexbegriffe Inhalte. Ein DMS ist mit seiner ganzen Kiste an Werkzeugen so flexibel, dass die Lösungen mit Bordmitteln gebaut werden – exakt passend zur Anforderung.

Richtig eingesetzt bieten ECM-Lösungen Unternehmen viele Vorteile: ECM reduziert Kosten für Aufbewahrung, Verteilung und Bearbeitung von Dokumenten und Inhalten.

Ein auf die Anforderungen hin konfiguriertes ECM erhöht die Produktivität von Mitarbeiter:innen. Und der Nutzen für Geschäftspartner kommt – wenn es gut gemacht ist – ebenfalls nicht zu kurz: das ECM beschleunigt und standardisiert Geschäftsprozesse.

In innovativen Unternehmen und Organisationen werden Dokumente und Inhalte proaktiv an Geschäftspartner bereitgestellt, zum schnellen und freien Abruf und immer mit der Sicherheit der Zugriffskontrolle im Rücken.

In- und Outputmanagement

Das ECM beinhaltet auch das In- und Output-Management.

Wie werden Dokumente und/oder Inhalte in einen Workflow eingespeist? Die Wege sind so vielseitig, dass wir nur einige Beispiele herausgreifen.

Das Scannen und Drucken sind die Klassiker, die Ablage mit einem Button aus eMails auch noch häufig genommen, automatische Import aus Dateisystemen vermutlich noch bekannt.

Downloads sind meist schon eine Herausforderung und selbst gesammelte Daten aus Web-Formularen noch selten anzutreffen.

Dabei stellt genau dieser Weg der Content-Gewinnung wieder ganz neue Möglichkeiten dar: Kunden, Interessenten, Bewerbende, Mitglieder und Mitarbeitende erstellen selbst über die Eingabe eigener Daten. Diese werden über einen Workflow entweder weiter bearbeitet und/oder direkt in andere Systeme eingepflegt. Parallel erfolgt die Archivierung im großen Pool, so dass Informationen und Inhalte direkt und möglichst vielseitig – eben überall wo sie benötigt werden – zur Verfügung stehen.

Beispiele aus der Praxis:
Änderung Bankdaten

Nehmen wir dazu ein einfaches und sehr effizientes Beispiel: in einem Verband oder Verein ändern sich die Bankdaten eines Mitglieds. Diese logt sich über den internen Bereich der Website ein und ändert dort die eigenen Bankdaten und bestätigt diese.

Mit Speichern der Daten startet im Hintergrund ein Workflow, der in der Mitgliederverwaltung die Stammdaten ändert, im Buchhaltungssystem ein neues Lastschriftmandat erzeugt und im DMS, das ja wie oben besprochen ein Teil des ECMs ist, das Dokument mit Zeitstempel und User zur Beweissicherung der Änderung ablegt.

Urlaubsantrag

Ein anderes schönes Beispiel ist der Urlaubsantrag, der von Mitarbeiter:innen selbst „angelegt“ wird, direkt den Freigabeworkflow durchläuft und letztendlich die Rückmeldung zu den Mitarbeiter:innen, den Vorgesetzten und in die Personalabteilung, eventuell sogar direkt in die Zeiterfassung der Lohnbuchhaltung übermittelt.

Da ist die einfache Datenhaltung an nur einer Stelle und das gerade nicht mehrfache Anfassen von Daten und Dokumenten der Schlüssel zu schnellen Durchläufen und reduziertem Aufwand – effizient und fehlerreduziert.

„Lebende“ Dokumente

Die ECM-Funktionen sind es auch, die das Arbeiten mit „lebenden“ Dokumenten, also Dokumente die dynamischen Änderungen unterliegen, ermöglichen.

So sind die Versionierung, das Ein- und Aus-Checken von Dokumenten und die historische Betrachtung ein zusätzlicher kleiner Beitrag, um aus einem DMS ein ECM erwachsen zu lassen.

Somit sind wir schon weit über das klassische DMS hinaus befähigt, die Belege und Dokumente tatsächlich für unseren Inhalt zu nutzen.

bequem und sicher

Bequem und sicher – das sind die meist genannten Adjektive, die sich Unternehmen wünschen.

Sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeitende haben diese beiden Wünsche an ein DMS, die sich hauptsächlich über ECM-Funktionen umsetzen lassen.

Das perfekte Accessoire!

Also ist das Dokumentenmanagement tatsächlich ein alter Hut:

es ist ein perfektes Accessoire, im Sinne von „ein Hut, ein Stock, ein Regenschirm“ – also ein Accessoire von dreien.

Der Stock ist das Workflow Management,

der Regenschirm das Business Processmanagement – und mit

„und vor zurück zur Seite ran und 1 und 2 und 3…“ – wird es insgesamt zum Enterprise Content Management.

Ein Hut allein macht schließlich noch keine Dame und auch keinen feinen Herrn.

Vollständig wird das Ensemble erst mit den anderen Details.

Ja, Dokumentenmanagement ist ein alter Hut, der nicht aus der Mode kommt – im Gegenteil: er gehört zum guten Ton und wird immer wieder neu entdeckt.