Fortsetzung Prozessmacht in der Buchhaltung (Teil 2)

In der vorigen Woche hatten wir die Prozesslevels. Jetzt lasst uns die oberste Ebene – also Level 0 – als groben Überblick, beispielsweise hier im Bereich Buchhaltung, genauer ansehen (Beispiel):

Grobprozess_Buha

Dies ist tatsächlich nur ein sehr grober Überblick, wie schon angekündigt. Nun kommen die Detaillierteren Prozesse auf der nächsten Ebene, Level 1, beispielsweise unterhalb des Zahlungsverkehrs das Mahnwesen:

Mahnprozess_Beispiel

Hier wiederum ist bei weitem noch nicht definiert, wie konkret die Freigabe bei den Projektleitern oder der eMail-Versand passieren soll, was dann eine Level-2-Beschreibung ist. Darunter könnte auf Level 3 dann konkret die Regel für die Mahntexte oder beispielsweise das Regelwerk für nicht freizugebende Mahnungen bei Projekten enthalten sein.

Super wichtig: bei jedem Prozess ab Level 1 dürfen beliebig viele, möglichst SINNvolle Eskalationen eingebaut werden! Weil das ist genau die Stelle, an der die Prozesse zu echten Führungs-instrumenten werden. Stellen wir uns in diesem Beispiel vor, ein Projektleiter nimmt seine Projektkunden grundsätzlich aus dem Mahnlauf heraus. Wird dies im Prozess entsprechend abgebildet und dann zusätzlich bei Erreichen von bestimmten Eskalationsstufen entsprechende Maßnahmen angestoßen. Schöne Vorstellung, wie viel Sicherheit wir durch solche Prozesse gewinnen können!

Experimentierendes Lernen oder Scheitern um besser zu werden

Vor dem Hintergrund, dass jeder Mensch Erfahrung braucht, um richtig entscheiden zu können oder ganz einfach seine Entscheidung auf Grund seiner bisherigen Erfahrungen trifft, bleibt die Frage, wie wir an „Erfahrung“ kommen.

Erfahrung bekommt man nicht durch Zuhören, Lesen oder Sehen – das ist Lernen. Alles sehr sinnvoll, um Erfahrungen in die gewünschte Richtung zu lenken. Erfahrung bekommt man ausschließlich durch das EIGENE Erleben und Erfahren, das heißt durch das tatsächliche Tun. Da wir „ohne Erfahrung“ häufig „falsche Entscheidungen“ treffen, bekommen wir das Feedback aus dem Resultat, das wir uns zwar nicht gewünscht oder erhofft hatten, doch nun entscheidend für den Aufbau unseres Erfahrungsschatzes beiträgt und in zukünftige Entscheidungen einfließt.

Falsche Entscheidungen gibt es tatsächlich nicht!

Wir treffen Entscheidungen immer vor dem Hintergrund unserer zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Erfahrungen. Somit ist experimentierendes Lernen die Aufmunterung dazu, mutig Entscheidungen zu treffen und aus der Antwort zu lernen.

Regelkreis – oder doch lieber „Prozess für Prozess“?

Ja, Regeln sind gut, weil wir uns damit auf einen Rahmen einigen, der für „everyone, everything, everywhere“ gilt.

Wenn wir also einen Regelkreis definieren, wie welche Prozesse definiert und eben auch bewertet und anschließend gepflegt werden, haben wir die ganze Bandbreite des Managements abgedeckt. Wir machen uns also einmalig Gedanken darüber…

  • wer
  • wann
  • was
  • wie
  • wozu

tut, um damit die regelmäßig Sicherheit zu haben, dass die Prozesse…

  • aktuell sinnvoll & zielgerichtet
  • effektiv
  • nachhaltig
  • wertvoll

sind. Alles, was Gewohnheit ist, passiert sehr zuverlässig. Ein Regelkreis oder ein Prozess für den Prozess kann eben dafür sorgen, dass wir es gewöhnt werden, uns um unsere Abläufe zu kümmern!

Prozessmacht in der Buchhaltung (Teil 1)

Das oberste Gebot in sicherlich allen Buchhaltungen dieser Welt ist die SICHERHEIT!

Die Sicherheit,

  • …dass alles korrekt gebucht ist
  • …dass nichts verloren geht
  • …dass die richtigen Daten zur richtigen Zeit bei der richtigen Person in der richtigen Form am richtigen Ort sind
  • …dass Fristen eingehalten werden und damit alle möglichen Strafen und Nachteile aussen vor bleiben
  • …dass kleine und große Krisen gut überstanden werden und wir mit dem typischen „blauen Auge“ davon kommen können
  • …dass rechtzeitig die richtigen Ampeln an den richtigen Stellen angehen
  • …dass die Transparenz und Unabhängigkeit möglich wird
  • …dass alle Entscheidungen in unserer eigenen Macht stehen

Diese Wünsche sind stets präsent – unabhängig davon, ob es sich, wie es in den meisten Unternehmen der Fall ist, um Unterstützungsprozesse, oder speziell bei Steuerberatern und Buchhaltungsservices um Wertschöpfungsprozesse handelt. Und das ist gut so!

Die Lösung dafür sind gut gemanagte Prozesse. Auch wenn ein Unternehmen sagt, dass es kein Prozessmanagement betreibt, werden die Prozesse trotzdem gemanagt. „Man kann Prozesse nicht nicht managen!“, sicherlich angelehnt an die kommunikationswissenschaftliche Feststellung des Österreichers Paul Watzlawiks „man kann nicht nicht kommunizieren“, führt uns direkt zum Wesenskern von Prozessen: Prozesse sind immer da, ob ich will oder nicht, und wenn sie schon da sind, sollen sie doch bitte Gutes für mich tun!

Im Unternehmen heißt das nichts anderes, als dass die Art und Organisation der bewusst oder unbewusst installierten Prozesse ganz entscheidend für die Zielerreichung des Unternehmens sind. Also immer dann, wenn wir Ergebnisse nicht dem Zufall überlassen wollen, sondern tatsächlich die Macht über unsere Zielerreichung haben wollen, dürfen wir ganz gezielt Prozesse verwenden, die uns genau dort hinbringen, wo wir hin wollen.

Damit wir uns dabei nicht verzetteln, bauen wir die Prozesse mehrstufig auf:

Wertschätzung und Respekt sind keine Einbahnstraße!

Wir alle wollen mit Respekt und Wertschätzung behandelt werden. Dies ist eine Grundvoraussetzung – privat und auch beruflich – für ein Umfeld, in dem wir uns wohl fühlen, gerne sind und arbeiten möchten. Kenntnis davon haben die meisten Führungskräfte und dennoch herrscht im Arbeitsalltag nicht selten ein anderer Ton. Speziell in Krisen- und Umbruchsituationen kommt es häufig zu Konflikten in den Unternehmen.

Sich zwischendurch immer wieder daran zu erinnern, auch in schwierigen Zeiten, Mitarbeitern mit Respekt zu begegnen und mit Wertschätzung zu kommunizieren, ist für alle Beteiligten positiv.

Hier ein paar Tipps, die es leichter machen:

  • Sind Sie selbst in der Stimmung mit Ihren Mitarbeitern wertschätzend zu kommunizieren?
  • Nehmen Sie wahr, dass Krisensituationen auch einen Mitarbeiter verunsichern können?
  • Wenn Sie selbst mit der Situation überfordert sind, werden Sie aktiv und nehmen das Ruder selbst in die Hand. Idee: ein guter Coach kann weiterbringen.
  • Bleiben Sie im Dialog mit Ihren Mitarbeitern. Erst recht in schwierigen Zeiten brauchen Mitarbeiter Sicherheit und Perspektive.
  • Jeder ist verantwortlich für sein Verhalten – sich entschuldigen, wenn man sich mal im Ton vergriffen hat oder übers Ziel hinausgeschossen ist?  Ja bitte!
  • Missverständnisse einfach so schnell als möglich aus dem Weg räumen.

Everyone’s guilty… but no one to blame!

Es gibt einen wunderschönen Prozessablauf… und trotzdem spielen sich solche Szenen zwischen Mitarbeitern ab: „Du bist schuld, dass das nicht geklappt hat!“ – „Nein, du hättest hier doch XY tun müssen!“

Ein toller Song von Motörhead, ‚Love me forever‘, bringt’s auf den Punkt: „Everyone’s guilty but no one to blame!“ sagt, dass jeder Schuld daran hat, allerdings keiner dafür blamiert oder verurteilt wird. Das heißt an dieser Stelle gilt es einfach, den Prozess nochmals zu überdenken.

Und was kommt allermeist dabei heraus?

Sehr häufig ist an diesen Punkten nicht der Prozess „schuld“, sondern die Kommunikation unter den Prozessanwendern. Manchmal geht’s auch einfach;-)

Effizienz vs. Effektivität

Wir sprechen sehr häufig von effizienten Prozessen und dass alle Abläufe noch effizienter werden sollen. Das ist die klassische Prozessoptimierung und tatsächlich die Aufgabe des BPM (Business Process Management).

Effizient heißt, dass mit schonendem Ressourceneinsatz das beste Ergebnis erzielt wurde. Übertragen auf einen Prozess könnte beispielsweise menschliche Zeit eingespart werden, um einen Prozess effizienter zu machen.

So weit so gut – das heißt nun bei weitem nicht, dass gleichzeitig auch die Effektivität gesteigert wurde! Die Effektivität kommt von „Effekt“ und heißt „Wirkung“. Die Auswirkung, im besten Fall der Nutzen, die ein Prozess hervorruft ist keinesfalls mit der Effizienz dieses Prozesses gleichzusetzen.

Ein einfaches Beispiel: Mal wieder anschaulich mit dem Mahnprozess. Dieser ließe sich ohne weiteres sehr einfach effizienter machen, in dem das Buchhaltungsprogramm automatisch ohne menschliches Zutun jede Woche alle fälligen Offenen Posten per eMail anmahnt. Dies kann natürlich sehr sinnvoll sein bei Web-Geschäften oder Kleinaufträgen. Nehmen wir nun als Gegensatz dazu Projektgeschäfte mit viel menschlichem Einsatz und Dienstleistungen, ist dies zwar eine Effizienzsteigerung, vermutlich aber keine Effektivitätssteigerung. Hier sind sicherlich andere Änderungen, wie beispielsweise der persönliche Kontakt wesentlich effektiver.

Die Wirkung ist ausschlaggebend!

Warum oder Wozu ?

Immer wieder kommt es an einer Stelle zu Missverständnissen, die für die Definition immens wichtig ist: WARUM und WOZU

Wenn ich mich frage „warum“ ich etwas tue, dann frage ich nach dem Auslöser. Also nach dem Verursacher in der Vergangenheit. Das kann beispielsweise in der Vergangenheit ein Ereignis gewesen sein, dass mich dazu veranlasst hat, das zu tun, was ich JETZT gerade mache oder auch denke. Ein Warum kann auch eine Anweisung oder gar ein Befehl oder schlicht eine Gewohnheit sein, was im Fall von Prozessen am häufigsten vorkommt.

Wenn ich im Gegensatz dazu frage „wozu“ ich etwas tue, dann ist diese Frage auf die Zukunft gerichtet – auf mein Ziel, das ich mit meinem Handeln in der Gegenwart (JETZT) erreichen möchte!

Entscheide selbst, welche Frage für dich die hilfreichere ist – bei mir ist es eindeutig die WOZU-Frage! Und bei Prozessen ist es super wichtig BEIDE Komponenten zu betrachten:

Warum wird dieser Prozess so gemacht?

Wozu ist dieser Prozess gedacht?

Das Gleichsetzen beider Komponenten erzeugt im Prozessmanagement maximale Verwirrung – lasst uns diese ab sofort auflösen!

Was mache ich zunächst?


Gerade wenn Unternehmen neu anfangen, ihre Prozesse strukturiert zu erfassen und zu sortieren, kommt oft die Frage auf, mit was denn am Besten anzufangen ist. Hier rate ich sehr gerne zu einem einfachen Analyse-Tool – die Fehler-Auswirkung-Häufigkeits-Analyse:

  1. Schreibe den Fehler / das Problem auf
  2. Schreibe dahinter die Auswirkungshöhe von 0 (macht gar nix) bis 10 (Unternehmen kann schließen) dahinter
  3. Schreibe dann die Auftrittshäufigkeit auf, wieder von 0 (tritt nie auf) bis 10 (tritt auf jeden Fall ständig auf)
  4. Schreibe dahinter die Wahrscheinlichkeit, mit der der Fehler vorher bemerkt wird auf. Achtung, hier drehst du die 0-10 um, d.h. 0 = wird in jedem Fall sowieso entdeckt und 10 = ist praktisch unmöglich, dass das entdeckt wird.
  5. Multipliziere nun die 3 Zahlen miteinander und du hast eine ganz einfache Priorisierung erreicht
  6. Mach dich nun an die Prozesse, die die Fehler mit dem höchsten Quotienten deutlich verbessern werden!